Sozialgericht Bremen, Beschluss vom 04.02.2014 – S 9 AS 160/14 ER
In dem Rechtsstreit
1. S. M., Bremen,
2. D. A., Bremen,
3. E. M., Bremen,vertreten durch S. M. und Herr D. A.,
Antragsteller,
Prozessbevollmächtigte:
zu 1-3: Rechtsanwälte Beier & Beier,
Gröpelinger Heerstraße 387, 28239 Bremen, Az.: – F/20141006 (EA) –
gegen
Jobcenter Bremen, vertreten durch den Geschäftsführer, Doventorsteinweg 48 – 52, 28195 Bremen, Az.: –
Antragsgegner,
hat die 9. Kammer des Sozialgerichts Bremen am 4. Februar 2014 durch ihren Vorsitzenden, Richter am Sozialgericht S., beschlossen:
1. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch 2 für die Zeit ab dem 21. Januar 2014 in bewilligter Höhe von 303,50 monatlich auszuzahlen.
GRÜNDE
Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG; sogenannte Sicherungsanordnung) liegen im hier zu entscheidenden Fall vor. Dementsprechend war dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung stattzugeben.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Die Gewährung einstweiligen Rechtschutzes setzt sowohl einen Anordnungsgrund als auch einen Anordnungsanspruch voraus. Ein materieller Anspruch ist im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur einer summarischen Prüfung zu unterziehen; hierbei muss der Antragsteller glaubhaft machen, dass ihm aus dem Rechtsverhältnis ein Recht zusteht, für das wesentliche Gefahren drohen. Der Anordnungsgrund setzt Eilbedürftigkeit voraus, d. h. es müssen erhebliche belastende Auswirkungen des Verwaltungshandelns schlüssig dargelegt und glaubhaft gemacht werden. Dabei muss die Anordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheinen. Es kommt darauf an, ob ein Abwarten bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache hingenommen werden kann. Ob dies der Fall ist, bemisst sich an den Interessen der Beteiligten und gegebenenfalls weitere Dritter.
Von den Antragstellern ist zunächst das Vorliegen eines Anordnungsgrundes glaubhaft gemacht worden. Ein solcher ergibt sich aus deren prekärer finanziellen Situation, die es ihnen nicht ermöglicht, ihr physisches und soziokulturelles Existenzminimum ohne ergänzende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch 2 (SGB II) sicherzustellen.
Darüber hinaus besteht aber auch ein Anordnungsanspruch der Antragsteller. Dieser ergibt sich aus dem ihnen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II auch für die Zeit vom 21. Januar bis einschließlich 31. Mai 2014 vorläufig bewilligenden Bescheid des Antragsgegners vom 13. November 2013.
Dieser Bescheid beruht auf der entsprechenden Anwendung (vgl. dazu § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II) von § 328 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 Sozialgesetzbuch 3 (SGB III). Denn die vorläufige Bewilligungsentscheidung ist damit begründet worden, dass die Einnahmen und Ausgaben aus der selbstständigen Tätigkeit des Antragstellers (zu 2.) im Bewilligungszeitraum noch nicht abschließend haben festgestellt werden können, weshalb vorläufig von einem Erwerbseinkommen aus selbstständiger Tätigkeit in Höhe von monatlich 500,- € brutto ausgegangen worden sei.
Dieser vorläufige Bewilligungsbescheid vom 13. November 2013 ist nach Lage der Akten zwischenzeitlich auch nicht vom Antragsgegner aufgehoben worden. Jedenfalls enthält der vom Antragsgegner als Ablehnungsbescheid, nicht etwa Aufhebungsbescheid, überschriebene Verwaltungsakt vom 06. Januar 2014, mit dem ein Antrag „vom 01.12.2013″ hat abgelehnt werden sollen, keinen Aufhebungsverfügungssatz. Einer Aufhebungs- (oder Abänderungs-) Entscheidung bedarf es nach dem Wortlaut des § 328 Abs. 2 SGB III aber dann, wenn die vorläufig getroffene Entscheidung nicht zugleich auch die endgültige Entscheidung sein soll bzw. diese nicht für endgültig erklärt werden soll und der Sozialleistungsträger die vorläufige Wirkung seiner – in entsprechender Anwendung von nach § 328 Abs. 1 S. 1 SGB III – vorläufig getroffenen Bewilligungsentscheidung beseitigen will (dass es der Prüfung von Vertrauensschutzgesichtspunkten gemäß den §§ 45, 48 Sozialgesetzbuch 10 demgegenüber nicht Bedarf, ändert nichts an dem Umstand, dass eine vorläufige Bewilligungsentscheidung, die nicht zugleich auch die endgültige Entscheidung sein soll bzw. die nicht für endgültig erklärt werden soll, aufzuheben (oder abzuändern) ist, wenn der Sozialleistungsträger sich an dieser nicht mehr festhalten lassen will).
Da es somit hinsichtlich des vorläufigen Bewilligungsbescheides vom 13. November 2013 an einer — auch nicht in dem Bescheid vom 06. Januar 2014 zu sehenden – Aufhebungsentscheidung fehlt, können die Antragsteller bis auf Weiteres Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in der bewilligten Höhe von 303,50 € monatlich beanspruchen.
Dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung war daher stattzugeben.
Die getroffene Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 Abs. 1 SGG.
RECHTSMITTELBELEHRUNG
Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde statthaft. Sie ist binnen eines Monats nach Zustellung beim Sozialgericht Bremen, Am Wall 198, 28195 Bremen, schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Georg-Wilhelm-Straße 1, 29223 Celle oder der Zweigstelle des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen, Am Wall 198, 28195 Bremen schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird.
gez. S.
Richter am Sozialgericht
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