AG Osterholz-Scharmbeck, Urteil vom 18.02.2016 – 4 C 642/15
Amtsgericht
Osterholz-Scharmbeck
Verkündet am 18.02.2016
4 C 642/15
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
M. H., Oyten
Kläger
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte V. und Partner, Bremen
gegen
C. A., Bremen
Beklagter
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Beier & Beier, Gröpelinger Heerstr. 387, 28239 Bremen
hat das Amtsgericht Osterholz-Scharmbeck auf die mündliche Verhandlung vom 01.02.2016 durch die Richterin am Amtsgericht O. für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Gewährleistungsrechte nach einem Gebrauchtwagenkauf. Der Kläger begehrt Schadensersatz, nachdem er das Fahrzeug selbst hat reparieren lassen bzw. Feststellung, dass der Beklagte zur Übernahme weiterer Reparaturkosten verpflichtet sei.
Mit Vertrag vom 30.01.2015 erwarb der Kläger beim Beklagten einen Opel Meriva, Erstzulassung 16.07.2003 mit einem abgelesenen Tachostand von 125.000 km für 3.298,00 €. Das Fahrzeug wurde am 04.02. übergeben. Bei Übergabe war die Servolenkung defekt, der Heckscheibenwischer hatte einen Defekt, ebenso die Rückleuchte. Außerdem die Klimaanlage und die ESP-Leuchte und das Fahrzeug vereiste von innen. Bereits am 10.02.2015 wies der Kläger den Beklagten durch Anwaltsschreiben auf die vorgenannten Mängel hin und forderte ihn zur Nachbesserung bis spätestens 24.02.2015 auf. Mit Anwaltsschreiben vom 13.02.2015 bat der Beklagte den Kläger, den Pkw zur Nachbesserung bei ihm vorbei zu bringen und sagte die Nachbesserung der angeführten Mängel zu. Im Folgenden stritten die Parteien darum, wer den Pkw zum Beklagten bringen sollte. Der Kläger verlangte die Abholung durch den Beklagten, weil der Pkw nicht fahrbereit sei. Unter dem 11.03.2015 setzte der Kläger dem Beklagten eine Frist zur Abholung des Fahrzeuges von 14 Tagen. Der Beklagte bot am 26.03. an, das Fahrzeug abzuholen und bestätigte dies mit Schreiben vom 01.04.2015, und zwar bis spätestens 02.04.2015. Unter dem 27.03.2015 lehnte der Kläger die Nachbesserung durch den Beklagten ab und kündigte an, ihn bei einer Fremdfirma reparieren zu lassen.
Unstreitig war dem Kläger vor Vertragsschluss bekannt, dass die Servolenkung einen Defekt hatte.
Er behauptet, dem Beklagten sei dies ebenfalls bekannt gewesen, er habe die Instandsetzung bis zur Übergabe zugesagt.
Der Kläger beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 1.690,72 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10.07.2015 zu zahlen,
2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger auch die weiteren Reparaturkosten für die defekte Klimaanlage des Fahrzeugs Opel Meriva, Fahrgestellnummer WOL…..zu erstatten,
3. den Beklagten zu verurteilen, den Kläger von außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 139,83 € freizuhalten.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es ist Beweis erhoben worden durch Vernehmung der Zeugin H.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 01.02.106, BI. 47 ff. d.A. verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Schadensersatzanspruch aus §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 Abs. 1 BGB. Voraussetzung wäre die Lieferung mit einem behebbaren Mangel, ein aus dem Unterbleiben der Nacherfüllung resultierender Nichterfüllungsschaden und die erfolglose Fristsetzung zur Nacherfüllung bzw. deren Entbehrlichkeit, §§ 440, 281 Abs. 2 BGB.
Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch scheitert jedenfalls an der fehlenden erfolglosen Fristsetzung.
Es ist zwar eine Fristsetzung erfolgt, der Beklagte sagte aber innerhalb dieser Frist die Nachbesserung zu. Dass er dabei verlangte, das Fahrzeug möge ihm gebracht werden, ist nicht zu beanstanden. Ihm schadet es auch nicht, dass die ihm zur Abholung des Pkw gesetzte Frist schon verstrichen war als er die Abholung zusagte. Der grundsätzliche Erfüllungsort für die Nachbesserung ist der Sitz des Verkäufers, vgl. BGH, Entscheidung vom 13.11.2011, NJW 2011, 2278. Etwas anderes gilt nur dann, wenn das Verbringen des Gegenstands zum Verkäufer für den Käufer eine erhebliche Unannehmlichkeit bedeutet, d.h. insbesondere dann, wenn es dem Käufer unzumutbar ist, den Gegenstand dorthin zu bringen. Hierzu hat der Kläger vorgetragen, dass das Fahrzeug nicht fahrbereit gewesen sei. Auch dies ist aber vorliegend kein Grund, den Erfüllungsort auf den Wohnort des Käufers zu verlegen. Notfalls muss das Fahrzeug transportiert werden. Außer den Transportkosten, die der Käufer notfalls vorstrecken muss, vgl. Reinken/Eggert, Der Autokauf, 12. Aufl., Rdnr. 724, sind keine weiteren Umstände vorgetragen, die die erforderliche erhebliche Unannehmlichkeit begründen würden. Die Entfernung zwischen Wohnort des Käufers und Sitz des Verkäufers ist nicht übermäßig groß. Auch, wenn man dies anders sähe, wenn der Kläger gegebenenfalls dazu auf entsprechenden Hinweis des Gerichts weitere Umstände vortragen würde, lägen die Voraussetzungen einer erfolglosen Fristsetzung noch nicht vor. Denn jedenfalls ist es nicht eindeutig die Aufgabe des Verkäufers, das Fahrzeug beim Käufer abzuholen, sodass ihm eine längere als die gesetzte Überlegungsfrist zuzubilligen ist. Selbst wenn ihm das Schreiben vom 11.03., in dem ihm die Frist zur Abholung gesetzt wurde, sofort zugegangen sein sollte, hätte er die Abholung schriftlich in nicht einmal drei Wochen zugesagt, und zwar für den angemessenen Zeitraum von drei Wochen nach dem Aufforderungsschreiben vom 11.03.. Dies ist angesichts der Regel, dass der Käufer das Fahrzeug zum Beklagten zu bringen hat, absolut ausreichend.
Die Fristsetzung ist auch nicht entbehrlich, weil der Beklagte den Kläger arglistig darüber getäuscht hätte, dass die Servolenkung entgegen seiner Zusage nicht repariert war.
Voraussetzung ist, dass der Beklagte den Mangel bei Abschluss des Vertrages wenigstens für möglich gehalten hat. Hierzu hat der Kläger gestützt durch die Aussage der Zeugin H. vorgetragen, man habe dem Kläger von dem Ausfall der Lenkung erzählt. Dass der Beklagte hieraus wenigstens auf die Möglichkeit des letztlich festgestellten Mangels, der den Austausch des Lenkstützrohrs erforderlich machte, geschlossen hat, ist allerdings sehr fraglich.
Nach dem klägerischen Vortrag und der Zeugenaussage ist der Beklagte von einem geringfügigen Fehler hinsichtlich der Batterieleistung ausgegangen. Dass er darüber hinaus einen größeren Mangel wenigstens für möglich gehalten hat, ist nicht hinreichend sicher feststellbar.
Vor Unterzeichnung des schriftlichen Kaufvertrages hat der Kläger noch einmal eine Probefahrt gemacht und keinen Fehler bemerkt. Auch dies spricht eher dafür, dass der Beklagte auch davon ausgegangen ist, der Fehler sei behoben. Jedenfalls kann nicht hinreichend sicher festgestellt werden, dass er es wenigstens für möglich gehalten hat, dass dies nicht der Fall war.
Die Zeugin hat ausgesagt, sie habe den Beklagten auf das Aussetzen der Servolenkung aufmerksam gemacht. Dieser habe dies für ein kleines Problem gehalten, das durch das Laden der Batterie behoben werden könne. Man habe daher den Kaufvertrag noch nicht unterzeichnet. Der Kläger habe eine weitere Probefahrt gemacht, nachdem der Beklagte mitgeteilt habe, die Servolenkung funktioniere jetzt. Man habe sicherheitshalber zusätzlich noch vereinbart, dass vor Übergabe noch eine TÜV-Prüfung gemacht werden solle. Sowohl die Probefahrt als auch die TÜV-Vorstellung habe keinen Fehler der Lenkung offenbart.
Dieses Wissen gilt auch für den Beklagten, es ist daher nicht festzustellen, dass dieser den später festgestellten Mangel dennoch wenigstens für möglich hielt.
Dem Beklagten ist daher kein Arglistvorwurf zu machen, die Fristsetzung ist nicht entbehrlich. Die geltend gemachten Schadenersatzansprüche stehen dem Kläger mithin nicht zu.
Hinsichtlich etwaiger noch nicht behobener Mängel stehen dem Kläger damit weiterhin Gewährleistungsansprüche zu, nicht aber der geltend gemachte Schadensersatzanspruch. Hinsichtlich der Servolenkung entfällt durch die Ersatzvornahme des Klägers der geltend gemachte Schadensersatzanspruch unabhängig davon, ob der Beklagte die Instandsetzung zugesagt hatte, denn die Voraussetzungen einer arglistigen Täuschung liegen nicht vor.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Rechtsbehelfsbelehrung
Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat einzulegen bei dem Landgericht Verden, Johanniswall 6, 27283 Verden.
Die Frist beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung. Die Berufung ist nur zulässig wenn der Beschwerdegegenstand 600,00 € übersteigt oder das Gericht die Berufung zu diesem Urteil zugelassen hat.
Zur Einlegung der Berufung ist berechtigt, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Berufung wird durch Einreichung einer Berufungsschrift eingelegt. Die Berufung kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden.
Darüber hinaus kann die Kostenentscheidung isoliert mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden. Sie ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Amtsgericht Osterholz-Scharmbeck, Rübhofstr. 2, 27711 Osterholz-Scharmbeck oder dem Landgericht Verden, Johanniswall 6, 27283 Verden einzulegen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung.
Die sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 € und der Wert des Beschwerdegegenstandes in der Hauptsache 600 € übersteigt. Beschwerdeberechtigt ist, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist.
Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle der genannten Gerichte eingelegt. Sie kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts erklärt werden, wobei es für die Einhaltung der Frist auf den Eingang bei einem der genannten Gerichte ankommt. Sie ist von dem Beschwerdeführer oder seinem Bevollmächtigten zu unterzeichnen. Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Soll die Entscheidung nur zum Teil angefochten werden, so ist der Umfang der Anfechtung zu bezeichnen.
Die Beschwerde soll begründet werden.
O.
Richterin am Amtsgericht
Siehe auch den Beschluss des LG Verden vom 15.06.2016 – 8 S 10/16
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