KG Berlin, Beschluss vom 13.02.2015 – 13 WF 203/14

Leitsatz

1. Zur Reichweite der Wohlverhaltenspflicht des Umgangsberechtigten.

2. Eine gerichtliche Umgangsregelung, durch die der Umgang positiv geregelt wird, enthält stets das konkludente Gebot an den Umgangsberechtigten, sich außerhalb der festgelegten Umgangszeiten eines Kontaktes zum Kind zu enthalten; diese Verpflichtung ist mit Ordnungsmitteln durchsetzbar.

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Vaters gegen den am 28. August 2014 erlassenen Ordnungsgeldbeschluss des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg – 163 F 5952/14 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe

I.

Der Vater wendet sich gegen den familiengerichtlichen Beschluss vom 28. August 2014, mit dem gegen ihn wegen Zuwiderhandlung gegen den Umgangsbeschluss des Familiengerichts vom 18. Januar 2011 (Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg, 163 F 8586/10) ein Ordnungsgeld in Höhe von 750 € festgesetzt und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, angeordnet wurde, dass an die Stelle von jeweils 50 € Ordnungsgeld ein Tag Ordnungshaft tritt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Tatbestand und Gründe des angefochtenen Beschlusses verwiesen.

Der Vater macht geltend, der ursprüngliche Umgangsbeschluss regele lediglich die Zeiten, zu denen er berechtigt und verpflichtet sei, mit seinem Sohn den Umgang zu pflegen; durch den Umgangsbeschluss werde ihm gerade nicht aufgegeben, es zu unterlassen, außerhalb der geregelten Umgangszeiten den Kontakt zu seinem Sohn zu suchen und ihn beispielsweise in der Schule aufzusuchen oder ihm auf dem Schulweg zu begegnen. Hinsichtlich dieser Punkte enthalte der gerichtliche Umgangsbeschluss gerade keinen vollstreckbaren Inhalt. Auch müsse er nicht damit rechnen, dass aus einem ihm als dem Umgangsberechtigten grundsätzlich begünstigenden Umgangsbeschluss “auf einmal umfassende Unterlassungspflichten” hergeleitet werden. Im übrigen bestreitet der Vater die ihm vorgehaltenen Verstöße gegen den Umgangsbeschluss: Am 11. Juli 2014 habe er seinen Sohn um 9:00 Uhr vom Schulhort zu Beginn des ihm zustehenden Sommerferienumgangs abholen wollen und feststellen müssen, dass die Mutter ihren Verpflichtungen, etwa, dem Sohn den Reisepass und Kleidung/Reisetasche für den Ferienumgang mitzugeben, nicht nachgekommen sei. Dass der Vater im Februar/März 2014 mehrfach auf dem Schulweg Kontakt zu seinem Sohn gesucht habe, sei nicht nachvollziehbar, weil er sich im Februar 2014 nicht in B… aufgehalten habe. Die “Zettel” wonach der Junge erinnert werde, sein Mobiltelefon einzuschalten, um für den Vater erreichbar zu sein und die von ihm herrühren sollen, seien nicht geeignet, ein Ordnungsgeld zu begründen, weil Telefonate zwischen Vater und Sohn in der Vergangenheit mit Duldung der Mutter häufig stattgefunden hätten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Beschwerdeschriften des Vaters vom 15. und 16. September 2014, seine persönliche Erklärung vom 3. Oktober 2014 sowie auf die Schriftsätze vom 23. September 2014 und vom 6. Oktober 2014 verwiesen.

Die Mutter verteidigt den ergangenen Ordnungsgeldbeschluss als richtig und zutreffend. Sie meint, die Beschwerde des Vaters sei unzulässig, weil der erstinstanzlich tätig gewordene Verfahrensbevollmächtigte des Vaters die von ihm eingelegte Beschwerde zurückgenommen habe; die von dem in zweiter Instanz aufgetretenen Verfahrensbevollmächtigten eingelegte Beschwerde sei ebenfalls unzulässig. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Beschwerdeerwiderung vom 6. November 2014 und den Schriftsatz vom 23. Januar 2015 Bezug genommen.

II.

1. Die sofortige Beschwerde des Vaters gegen den Beschluss des Familiengerichts vom 28. August 2014, mit dem gegen ihn wegen verschiedener Zuwiderhandlungen gegen den ursprünglichen Umgangsbeschluss – u.a. Aufsuchen des Kindes am 10. und 11. Juli 2014 in der Schule zu einem Zeitpunkt außerhalb der geregelten Umgangszeiten; Kontaktaufnahme zum Sohn auf dessen Schulweg zu Jahresanfang 2014 außerhalb der geregelten Umgangszeiten – ein Ordnungsgeld in Höhe von 750 €, ersatzweise Ordnungshaft angeordnet wurde, ist zulässig, insbesondere fristgerecht angebracht worden:

a) Durch die Erklärung des erstinstanzlich tätig gewordenen Verfahrensbevollmächtigten vom 23. September 2014, “die am 15. September 2014 eingelegte Beschwerde …[zurückzuziehen]” ist der Vater seines Rechtsmittels nicht verlustig gegangen. Denn auch Verfahrenshandlungen sind auslegungsfähig; entscheidend ist der objektive, dem Empfänger vernünftigerweise erkennbare Sinn (vgl. nur Zöller/Greger, ZPO [30. Aufl. 2014], Vor § 128 Rn. 25; MünchKommFamFG/Ulrici [2. Aufl. 2013], § 25 Rn. 9). An diesem Maßstab gemessen, kann kein Zweifel bestehen, was mit der Erklärung gemeint ist: Bereits der Wortlaut ist eindeutig; der Erklärung zufolge wird nicht pauschal “das Rechtsmittel”oder “die Beschwerde” sondern ganz konkret (lediglich) die durch das Datum individualisierte, vom vormaligen Verfahrensbevollmächtigten eingelegte Beschwerde vom 15. September 2014 zurückgenommen. Weitere Verstärkung erfährt diese Sicht, wenn die Erklärung aus dem Schriftsatz vom 23. September 2014 in den Gesamtkontext des Beschwerdeverfahrens gestellt wird: Auf die Beschwerdeeinlegung des vormals tätig gewordenen Verfahrensbevollmächtigten vom 15. September 2014 folgt der Schriftsatz des nunmehr, in der zweiten Instanz auftretenden Bevollmächtigen vom 16. September 2014, mit dem zunächst die Übernahme der Vertretung des Vaters für die Rechtsmittelinstanz angezeigt und sodann die sofortige Beschwerde eingelegt und umfangreich begründet wird. Etwaige, danach noch verbliebene Zweifel werden endgültig zerstreut durch die persönliche Erklärung des Vaters vom 3. Oktober 2014, der per Telefax mitteilt, dass in der Beschwerdeinstanz ein Anwaltswechsel erfolgt ist.

b) Die Beschwerde des nunmehr tätig gewordenen Verfahrensbevollmächtigten ist auch rechtzeitig angebracht worden: Der Ordnungsgeldbeschluss wurde dem Vater am Dienstag, den 2. September 2014 zugestellt; die Beschwerdeschrift ging zwei Wochen später, am Dienstag, den 16. September 2014 per Telefax beim Familiengericht ein und wurde damit fristgerecht eingelegt (§§ 87 Abs. 4 FamFG, 569 Abs. 1 Satz 1, 2 ZPO). Der Rüge der Mutter, der Verfahrensbevollmächtigte des Vaters sei nicht wirksam bevollmächtigt, ist, da es sich bei ihm um einen Rechtsanwalt handelt, nicht weiter nachzugehen (§§ 11 Satz 4, 5 FamFG, 88 Abs. 2 ZPO sowie Keidel/Zimmermann, FamFG [18. Aufl. 2014], § 11 Rn. 9). Lediglich klarstellend ist darauf hinzuweisen, dass die Formulierung im Hinweisschreiben vom 29. September 2014 (“Ggf. mag die Vollmacht vorgelegt werden”)keine Aufforderung zur Vollmachtsvorlage darstellt, sondern bloß einen Hinweis auf bestehende Möglichkeiten darstellt, die zweitinstanzlichen Vertretungsverhältnisse rasch zu klären.

2. In der Sache selbst geht die Beschwerde indessen ins Leere; der Ordnungsgeldbeschluss hält dem Beschwerdevorbringen in jeder Hinsicht stand:

a) Die Mutter hat vorgetragen, der Vater halte sich häufig im Ausland auf – er soll für den D… … … tätig sein (Schriftsatz des Vaters vom 16. Mai 2014, dort S. 2; Bl. 16) – und der Vater hat dies insoweit auch bestätigt, als er am 3. Oktober 2014 ein Telefax aus K… gesandt hat, wonach er inzwischen an der … University in K… /Pakistan als Dozent tätig ist; auf der Homepage dieser Universität wird er denn auch mit Foto und Lebenslauf als Fakultätsmitglied aufgeführt (http://www…. .edu.pk/… ). Zwar mag der – (wohl) erst im Verlauf des Beschwerdeverfahrens angetretene – Aufenthalt des Vaters im Ausland als Indiz für einen Sachverhalt mit Auslandsberührung gewertet werden (Art. 3 EGBGB). Aber davon wird das in der Sache anwendbare Recht nicht berührt: Dieses richtet sich vielmehr nach wie vor nach dem deutschen materiellen Recht. Das ergibt sich aus dem Haager Kinderschutzübereinkommen; dem Übereinkommen über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Maßnahmen zum Schutz von Kindern vom 19. Oktober 1996 (KSÜ). Diesem Übereinkommen zufolge unterliegt die Regelung des Umgangs (Art. 3 lit. b KSÜ) mit dem minderjährigen Kind (Art. 2 KSÜ) dem (Sach-) Recht des Staates des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes (Art. 15 Abs. 1, 5 Abs. 1, 21 Abs. 1 KSÜ) und damit, nachdem M… im Inland lebt, dem deutschen Recht.

b) Der ursprüngliche Umgangsbeschluss vom 18. Januar 2011 enthält eine ausdifferenzierte Umgangsregelung, wonach der Vater berechtigt und verpflichtet ist, mit dem Kind in den geraden Kalenderwochen nach Maßgabe des Beschlusses die Wochenenden zu verbringen und zusätzlich einen Tag während der Woche (Regelumgang, Ziff. 1, 2 des Beschlusses). Der Ferienumgang in den Sommerferien ist – soweit hier von Belang – dergestalt geregelt, dass der Vater berechtigt und verpflichtet ist, mit M… “ab 2013 (…) in den geraden Kalenderjahren jeweils die ersten drei Wochen der B… Schulsommerferien (Beginn am Samstag und Ende am Samstag) (…) zu verbringen”(Sommerferienumgang, Ziff. 3, 1. Absatz). Weiter heißt es, dass der Vater “das Kind zu Beginn der Ferienumgangszeit am Samstag bzw. Sonntag um 9:00 Uhr von der Wohnung der Mutter oder eines von ihr rechtzeitig zuvor benannten Ersatzübergabeortes [abholt] (Ziff. 3, 3. Absatz)” Schließlich ist festgelegt, dass die Eltern alles zu unterlassen haben, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert (Wohlverhaltensklausel, Ziff. 6 des Beschlusses).

c) Das Familiengericht hat gegen den Vater zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen ein Ordnungsgeld verhängt, weil der Vater dem Umgangsbeschluss wiederholt schuldhaft zuwider gehandelt hat:

(aa) Der Vater hat M… am Donnerstag, den 10. Juli 2014 – der 10. Juli 2014 war der erste Tag der B… Sommerferien 2014; letzter Schultag war Mittwoch, der 9. Juli 2014 – gegen 9:10 Uhr im Ferienhort seiner Schule aufgesucht und zu einem etwa 25-minütigen Gespräch mit ihm aufgefordert. Die Gesprächssituation wirkte auf die anwesende Hortbetreuerin “sehr angespannt und ernst”; nach dem Ende des Gesprächs mit dem Vater wirkte der Junge verstört; er soll sich zurückgezogen und nicht mehr am Spiel der anderen Kinder teilgenommen haben. Am Folgetag – Freitag, der 11. Juli 2014 – kam es zu einem ähnlichen Vorfall; M… wurde gegen 8:30 Uhr erneut von seinem Vater in der Schule aufgesucht. Gegen 8:50 Uhr wurde der Junge weinend vor dem Schulhaus stehend gesehen und der Vater lautstark, gestikulierend und aufgeregt am Telefon sprechend; es soll – dem schriftlichen Bericht der Horterzieherin/Ferienbetreuerin zufolge (Anlage zum Schriftsatz der Mutter vom 15. Juli 2014; Bl. 41ff.) – “offensichtlich [gewesen sein], dass der Vater mit der Mutter und auch abwertend über die Mutter sprach” M… soll sehr verschreckt und ängstlich reagiert haben.

Dieses Geschehen rechtfertigt unschwer die erfolgte Verhängung eines Ordnungsgeldes: Der Vater irrt, wenn er meint, am 11. Juli 2014 habe sein Sommerferienumgang begonnen. Nach dem klaren Wortlaut des Umgangsbeschlusses sollte der Ferienumgang in den ersten drei Wochen der Schulferien stattfinden und zwar beginnend am Samstag um 9:00 Uhr an der Wohnung der Mutter. Im Jahr 2014 war dies Samstag, der 12. Juli 2014. Tatsächlich ist es auch mehr als fern liegend, dass M… an den ersten beiden Ferientagen – Donnerstag und Freitag, 10./11. Juli 2014 – die Ferienbetreuung im Schulhort besucht, wenn ab 9:00 Uhr der Ferienumgang des Vaters hätte beginnen sollte. Dem Vater ist insoweit Recht zu geben (Beschwerdeschrift vom 16. September 2014, dort S. 4; Bl. 65), dass ein derartiges Verhalten der Mutter – wenn der Ferienumgang also tatsächlich bereits am ersten Ferientag hätte beginnen sollen – in der Tat eine gröbliche Verletzung des Umgangsbeschlusses darstellen würde. Dass der Vater den Sommerferienumgang, wie er meint, erst mit einem Tag Verspätung – also am Samstag, den 12. Juli 2014 – hat antreten können, ist demgegenüber jedoch falsch; vielmehr war der 12. Juli 2014 (und nicht der 10. oder 11. Juli) der im Umgangsbeschluss bezeichnete Tag, an dem der Ferienumgang begann. Damit liegt ein Verstoß gegen die Umgangsregelung vor.

Der Auffassung des Vaters, ein Verstoß gegen die Umgangsregelung könne schon deswegen nicht vorliegen, weil er der aus dem Umgangsbeschluss Berechtigte sei, sowie weiter, weil die Wohlverhaltenspflicht allein den betreuenden Elternteil, nicht aber den umgangsberechtigten Elternteil verpflichte, den Umgang nach Kräften zu fördern und schließlich, weil der Umgangsbeschluss ihm gerade keine Unterlassungspflichten auferlege und ihm insbesondere nicht untersagt sei, außerhalb der geregelten Umgangszeiten mit seinem Sohn in Kontakt zu treten, kann nicht gefolgt werden: Im Beschluss heißt es klar und deutlich, dass der Vater “berechtigt” (und verpflichtet) ist, zu bestimmten Zeiten mit seinem Sohn den Umgang zu pflegen; der gerichtlich geregelte Umgang dient der Verwirklichung des Kindeswohls und konkretisiert ein Recht des Kindes (§§ 1626 Abs. 3 Satz 1, 1684 Abs. 1, 1697a BGB). Im Umkehrschluss ist damit zugleich klargestellt, dass außerhalb der festgelegten Zeiten der Umgang zu unterbleiben hat. Denn eine gerichtliche Umgangsregelung, mit der der Umgang positiv geregelt wird, enthält stets das konkludente Gebot an den Umgangsberechtigten, sich außerhalb der festgelegten Umgangszeiten eines Kontaktes zum Kind zu enthalten; diese Verpflichtung ist mit Ordnungsmitteln durchsetzbar. Dieser Grundsatz ist in der allgemeinen familienrechtlichen Auffassung so fest verortet, dass es dazu – soweit ersichtlich – kaum neuere Rechtsprechung gibt. In einer etwas älteren (Grundsatz-) Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts (Beschluss vom 27. Januar 1993 – 1Z BR 102/92 -, BayObLGZ 1993, 28 = FamRZ 1993, 823 [bei juris Rz. 10]) hat das Gericht in einem Fall, in dem die Kinder außerhalb der gerichtlich festgelegten Umgangszeiten aus eigenem Antrieb den Vater aufsuchten und dieser sich wiederholt geweigert hatte, den Beschlüssen des (damals zuständigen) Vormundschaftsgerichts nachzukommen und die Kinder wieder an die Mutter herauszugeben, die Verhängung eines (damals geltenden) Zwangsgelds gegen den Vater ausdrücklich bestätigt und zur Frage einer Ausübung des Umgangs außerhalb der gerichtlich festgelegten Umgangszeiten wie folgt Stellung bezogen:

“ (…) Diesen Anforderungen entspricht die vom Vormundschaftsgericht in Nr. 1 des Beschlusses vom 20. April 1989 getroffene und vom Landgericht in Nr. 1 des Beschlusses vom 28. Juli 1989 hinsichtlich der Wochenendbesuche neu gefasste Regelung für den persönlichen Umgang des Vaters mit seinen nichtehelichen Kindern. Diese Regelung enthält unmissverständliche und ins einzelne gehende Anordnungen darüber, während welcher Zeiträume an den Wochenenden, an Feiertagen und während der Schulferien dem Beteiligten zu 2 das Recht zusteht, seine Kinder zu sich zu nehmen. Der das ganze Jahr umfassenden Umgangsregelung hat das Landgericht zutreffend das Gebot entnommen, dass der Beteiligte zu 2 während der nicht ausdrücklich genannten Zeiträume den persönlichen Kontakt zu den Kindern zu unterlassen hat, soweit die Mutter nicht damit einverstanden ist (§ 1711 Abs. 1 BGB; …)“.

In der Literatur wird – soweit ersichtlich: einhellig – ebenfalls davon ausgegangen, dass außerhalb der festgelegten Umgangszeiten ein Umgang gegen den Willen des anderen, umgangsverpflichteten Elternteils nicht erfolgen darf und ein Verstoß gegen dieses Gebot die Verhängung von Ordnungsmitteln rechtfertigt (vgl. Völker/Clausius, Sorge- und Umgangsrecht in der Praxis [6. Aufl. 2014], § 6 Rn. 17 [Fn. 33 und Text]; Schulte-Bunert, in: Schulte-Bunert/Weinreich, FamFG [4. Aufl. 2014], § 89 FamFG Rn. 11; Bork/Jacoby/Schwab-Althammer, FamFG [2. Aufl. 2013], § 95 Rn. 8b, § 89 Rn. 3; Gerhardt/von Heintschel-Heinegg/Klein-Büte, Hdb FaFamR [9. Aufl. 2013], Kap. 4 Rn. 421). Die Wohlverhaltensklausel (§ 1684 Abs. 2 BGB) richtet sich nämlich, was der Vater zu übersehen scheint, nicht nur an den umgangsverpflichteten Elternteil, sondern selbstverständlich auch an den umgangsberechtigten Elternteil (vgl. Johannsen/Henrich-Jaeger, Familienrecht [6. Aufl. 2015], § 1684 BGB Rn. 15; Palandt/Götz, BGB [74. Aufl. 2015], § 1684 Rn. 5; NK-BGB/Peschel-Gutzeit [3. Aufl. 2014], § 1684 Rn. 32).

Der Sinn dieses Gebots ist denn auch offensichtlich und leuchtet unschwer ein: Vorbehaltlich einer anderweitigen, einvernehmlichen Absprache der Eltern soll das Kind davor bewahrt werden, sich – mehr oder weniger jederzeit – mit dem umgangsberechtigten Elternteil auseinandersetzen zu müssen oder mit ihm unerwartet konfrontiert zu werden. Davor ist das Kind, das in vielen Fällen unter dem Elternkonflikt in besonderer Weise leidet, zu schützen. Ihm soll durch die Vorgabe klarer (Besuchs- bzw. Umgangs-) Zeiten ermöglicht werden, sich innerlich auf den anderen Elternteil einzustellen. Weiter soll der obhutgewährende Elternteil durch feste Zeiten in die Lage versetzt werden, der ihm obliegenden Pflicht gerecht zu werden und das Kind auf den Umgang mit dem anderen Elternteil vorzubereiten, eventuelle Widerstände des Kindes in Bezug auf den Umgang abzubauen und bei ihm eine positive Einstellung zum Umgang zu fördern (vgl. nur Palandt/Götz, BGB [74. Aufl. 2015], § 1684 Rn. 5). Denn ohne eine klare Regelung, wann der Umgang erfolgt und – quasi spiegelbildlich dazu – der inhärenten Feststellung, dass außerhalb der festgelegten Zeiten ein Umgang nicht stattfindet, kann der Obhutselternteil seinen Obliegenheiten nach § 1684 Abs. 2 BGB nicht gerecht werden. Das zeigt, dass einzig die vorstehend geschilderte Auffassung von der Auslegung eines Umgangsbeschlusses Sinn ergibt. Auch das Kindeswohl, die oberste Richtschnur in derartigen Fallgestaltungen (§ 1697a BGB) streitet ebenfalls klar für dieses Verständnis: Der Bericht der Horterzieherin über das unerwartete Aufsuchen von M… in der Schule durch den Vater am 10./11. Juli 2014 belegt ganz eindeutig, dass der Junge durch das Auftauchen des Vaters in hohem Maße verunsichert wurde und hierauf verschreckt und verängstigt reagierte. Schließlich ist der Vater – nur höchst vorsorglich – daran zu erinnern, dass er durch das von ihm gezeigte Verhalten seinem eigenen, wohlverstandenen Interesse – der Förderung des Umgangs und der Herausbildung und weiteren Festigung einer tragfähigen Vater-Sohn-Beziehung – diametral zuwidergehandelt hat, weil er durch sein Verhalten die Gefahr heraufbeschwört, dass das Kind den Kontakt zu ihm nur noch zögerlich wahrnehmen oder gar völlig ablehnen könnte. Weiter erschwert er unnötig die Aufgabe der Mutter, das Kind positiv auf den Umgang einzustimmen und verstößt damit zugleich gegen die ihm obliegende Wohlverhaltenspflicht (§ 1684 Abs. 2 BGB), derzufolge er alles zu unterlassen hat, was den Umgang erschwert oder die Erziehung des Kindes beeinträchtigt (vgl. Palandt/Götz, BGB [74. Aufl. 2015], § 1684 Rn. 5).

Fehl geht der Vater schließlich auch, soweit er meint, nicht damit habe rechnen zu müssen, dass “aus einem ihn berechtigenden Beschluss nun auf einmal umfassende Unterlassungspflichten konstruiert werden” (Beschwerdeschrift vom 16. September 2014, dort S. 3; Bl. 64). Das Gegenteil ist richtig. Denn der Vater wurde von neutraler, dritter Seite – der Schule seines Sohnes – bereits zuvor ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein Umgang außerhalb der Umgangszeiten zu unterbleiben hat; die Schule hat ihn hierauf mit Schreiben vom 10. Februar 2014, also nur wenige Monate vor den nunmehr mittels Ordnungsgeld geahndeten Verstößen unmissverständlich auf diesen Umstand hingewiesen und sein Verhalten sogar zum Anlass genommen, gegen ihn ein Hausverbot zu verhängen (Schreiben der L…-Grundschule vom 10. Februar 2014 als Anlage zum Ordnungsgeldantrag der Mutter). Dass das Hausverbot nach einem klärenden Gespräch zwischen dem Vater und der Schulrektorin, dem Klassenlehrer und der Horterzieherin mit Wirkung ab dem 2. Juni 2014 wieder aufgehoben wurde, bedeutet nicht, dass dem Vater deshalb gestattet worden wäre, seinen Sohn auch außerhalb der festgelegten Umgangszeiten in der Schule aufzusuchen. Vielmehr heißt es in der betreffenden, vom Vater vorgelegten Mail vom 28. Mai 2014 (Anlage zum Schriftsatz des Vaters vom 2. Juni 2014; Bl. 27) ausdrücklich, dass “die dazu im Gespräch festgelegten Vereinbarungen sind einzuhalten”.

Der Verstoß erfolgte auch schuldhaft, also (mindestens) fahrlässig: Nach dem Gesetz wird ein Verschulden des Vaters vermutet (§ 89 Abs. 4 FamFG); es ist daher an ihm, substantiiert die Gründe darzulegen, weshalb der Verstoß gegen die Umgangsverpflichtung ihm nicht angelastet werden kann. Die Beschwerde hat hierzu nichts vorgetragen; derartige Gründe sind auch nicht ersichtlich: Im Gegenteil; das Schreiben der Schule vom 10. Februar 2014 über die Erteilung eines befristeten Hausverbots, in dem der Vater bereits auf die Unzulässigkeit seines Handelns hingewiesen wurde, legt vielmehr die Annahme nahe, dass der Vater seinen Sohn sogar bewusst und gewollt außerhalb der festgesetzten Umgangszeiten in der Schule aufgesucht und damit sogar vorsätzlich gegen die Umgangsregelung verstoßen hat (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB [74. Aufl. 2015], § 276 Rn. 10).

(bb) Der Vater hat gegen die gerichtliche Umgangsregelung weiter dadurch verstoßen, dass er – wohl im Februar/März 2014 – wiederholt absichtlich ein Zusammentreffen mit dem Kind auf dessen Schulweg, auf dem Spielplatz beim Skaten oder im Hausflur vor der Wohnung der Mutter herbeigeführt hat. Das diesbezügliche Bestreiten des Vaters ist lediglich pauschal (Beschwerdeschrift vom 16. September 2014, dort S. 4; Bl. 65); im Übrigen will er auch nur im Februar 2014 ortsabwesend von B… gewesen sein (und somit keine Möglichkeit gehabt haben, M… auf dem Schulweg abzupassen), nicht jedoch im März 2014.

Letztlich kommt es darauf aber gar nicht an. Denn in der Mail des Vaters an die Mutter vom 6. April 2014 (Anlage zur Antragsschrift der Mutter; Bl. 9) räumt er ausdrücklich ein, das Kind “öfters mit zusätzlicher Nahrung bei den Begegnungen morgens auf dem Schulweg” zu versorgen: Die Tatsache, dass er “zusätzliche Nahrung” bei sich führt, belegt klar, dass es sich nicht um zufällige Begegnungen zwischen ihm und dem Kind handelte, sondern dass das Zusammentreffen planmäßig herbeigeführt wurde. Ein weiteres Indiz hierfür ist die abschließende Grußformel, die der Vater in der genannten Mail verwendet hat: Die Formulierung “auf gute Erziehungszusammenarbeit!” legt die Annahme nahe, der Vater könnte der Meinung sein, zur Erziehung des Sohnes (weiter) berechtigt zu sein. Das ist indessen gerade nicht der Fall; die Sorge für das Kind steht vielmehr der Mutter aufgrund gerichtlicher Entscheidung (Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg, 163 F 26276/10) allein zu. Dem Vater steht es als Umgangsberechtigtem aber nicht zu, die Erziehung des Kindes durch den betreuenden Elternteil, die Mutter, zu beeinträchtigen oder deren Erziehungsmaßnahmen zu unterlaufen; vielmehr hat insoweit das Sorgerecht Vorrang vor dem Umgangsrecht (vgl. nur Palandt/Götz, BGB [74. Aufl. 2015], § 1684 Rn. 3, 5; Völker/Clausius, Sorge- und Umgangsrecht in der Praxis [6. Aufl. 2014], § 2 Rn. 36). Auch hierdurch verstößt er gegen die ihm obliegende Wohlverhaltenspflicht (Völker/Clausius, Sorge- und Umgangsrecht in der Praxis [6. Aufl. 2014], § 2 Rn. 36, 37).

Auch dieser Verstoß erfolgte schuldhaft (§ 89 Abs. 4 FamFG); seine Mail belegt, dass er (mindestens) fahrlässig gegen die Umgangsregelung verstoßen hat.

(cc) Soweit der Vater auch dadurch gegen die Umgangsvereinbarung verstoßen haben soll, dass im Schulranzen des Kindes von der Mutter Zettel gefunden wurden, mit denen der Junge daran erinnert werden sollte, nach der Schule sein Mobiltelefon anzuschalten (Schriftsatz der Mutter vom 5. Juni 2014, dort S. 2 und Anlage; Bl. 30, 34) bzw. der Vater das Kind genötigt haben soll, “sein Handy ständig anrufbereit zu halten” (Antragsschrift der Mutter vom 8. April 2014, dort S. 2f.; Bl. 2f.), rügt er zu Recht, dass die im Schulranzen gefundenen Zettel letztlich nicht geeignet sind, die Verhängung eines Ordnungsgelds zu begründen: Richtig ist zwar, dass der Umgang alle Formen der Kommunikation zwischen dem Umgangsberechtigten und dem Kind umfasst und damit auch, neben dem persönlichen Zusammentreffen, die briefliche oder die elektronische bzw. telefonische Kontaktaufnahme (vgl. nur NK-BGB/Peschel-Gutzeit [3. Aufl. 2014], § 1684 Rn. 19f.; Johannsen/Henrich-Markwardt, Jaeger [6. Aufl. 2015], § 1684 BGB Rn. 9). Damit gilt auch insoweit – jedenfalls vom Grundsatz her – das Gebot, dass sich der Umgangsberechtigte außerhalb der gerichtlich festgelegten Umgangszeiten der Kontaktaufnahme zu enthalten hat.

Bezogen auf den konkreten Fall ist hierbei allerdings zweierlei zu berücksichtigen: Einmal geht der Vorwurf an den Vater – jedenfalls dem Wortlaut der Antragsschrift zufolge – keineswegs dahin, er habe der Umgangsregelung zuwider telefonischen Kontakt zu M… gesucht bzw. aufgenommen, sondern ihm wird lediglich vorgehalten, dem Kind Zettel mit der Aufforderung zugesteckt zu haben, nach der Schule das Telefon empfangsbereit zu halten. Zu welchem Zeitpunkt die Zettel zugesteckt worden sein sollen, insbesondere also, ob die Zettel dem Jungen gerade außerhalb der Umgangszeiten oder vielleicht nicht doch während Zeiten, zu denen der Vater mit dem Jungen Umgang pflegen durfte (und sollte) zugesteckt wurden, bleibt völlig offen; hierzu verhält sich der Vortrag der Mutter nicht. Hinzukommt – zweitens -, dass der Vater mit der Beschwerde unwidersprochen vorgetragen hat, in der Vergangenheit habe er mit Duldung der Mutter mit M… häufig telefoniert (Beschwerdeschrift, dort S. 4; Bl. 65). Dieser Vortrag ist durchaus plausibel: Denn immerhin hält sich der Vater, wie er selbst vorträgt und die Mutter bestätigt, vielfach im Ausland auf, etwa bis Juli 2013 in Jordanien und hat von daher, von Brief- oder Mail-/Skype-Kontakten einmal abgesehen, kaum eine andere Möglichkeit, als einen telefonischen Kontakt mit seinem Sohn zu pflegen. Dass die Mutter derartige Telefonate (mindestens) passiv geduldet hat, zeigt sich bereits daran, dass sie dem Kind das Telefon beließ anstatt den Gebrauch in geeigneter Weise zu beschränken. Damit entfällt aber ein Verstoß (vgl. BayObLG, Beschluss vom 27. Januar 1993, a.a.O. [bei juris Rz. 10 am Ende]).

Dass ein Verstoß gegen die Umgangsregelung insoweit nicht festgestellt werden kann, verhilft der Beschwerde indessen nicht zum Erfolg; die anderen, vom Vater begangenen Verstöße rechtfertigen ohne weiteres die erfolgte Festsetzung von Ordnungsmitteln.

Der Vortrag der Eltern gibt allerdings Veranlassung zu folgendem Hinweis: Der Schilderung der Horterzieherin im Bericht über die Vorfälle vom 11. Juli 2014 (Anlage zum Schriftsatz der Mutter vom 15. Juli 2014; Bl. 41f.) und der Hinweis, dass M… durch die Aufforderung des Vaters, zu telefonieren, sehr eingeschüchtert und ängstlich wirkte, sollte dem Vater Veranlassung geben, sein diesbezügliches, wohl durchaus forderndes Verhalten noch einmal sehr sorgfältig zu überdenken. Die Telefonkontakte sollen dem Jungen Freude bereiten und dessen eigenem Verlangen entspringen, anstatt zu einer “Pflichtveranstaltung” herabgewürdigt zu werden. Dieser Umstand sowie die Tatsache, dass der Vater sich wohl berufsbedingt häufiger und möglicherweise auch für längere Zeitabschnitte im Ausland, zumal im außereuropäischen Ausland mit den jeweiligen Zeitverschiebungen – K… ist im Winter der deutschen Zeit etwa vier Stunden voraus – aufhält, könnte die Eltern schließlich dazu bewegen, über eine (ergänzende) Regelung der Kontakte über Fernkommunikationsmittel nachzudenken und etwa – über das Jugendamt oder über Vermittlung der Verfahrensbevollmächtigen – zu regeln, zu welchen Zeiten der Vater mit M… beispielsweise per Skype oder über Telefon in Kontakt treten kann (und soll); auch könnte es sich möglicherweise anbieten, sicherzustellen, dass der Vater den Jungen in einem sachgerechten Maße per Mail erreichen kann.

d) Schließlich ist nicht ersichtlich, dass das verhängte Ordnungsgeld der Höhe nach unverhältnismäßig wäre; von der Beschwerde wird dies auch nicht gerügt. Vielmehr hat das Familiengericht zutreffend gewürdigt, dass keine einmaligen Verstöße vorliegen, sondern der Vater über einen längeren Zeitraum hinweg der Umgangsvereinbarung zuwider gehandelt hat und er sein Verhalten insbesondere noch fortgesetzt hat – durch die “Schulbesuche” am 10. und 11. Juli 2014 – als er bereits seit mehreren Monaten Kenntnis von dem anhängigen Ordnungsgeldantrag hatte und davon, dass die Mutter nicht (länger) gewillt war, derartige Eigenmächtigkeiten klaglos hinzunehmen. Dass dem Vater die Kosten des Ordnungsgeldverfahrens aufzuerlegen waren, ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz (§ 92 Abs. 2 FamFG).

2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 87 Abs. 5, 84 FamFG; da das Rechtsmittel erfolglos blieb, fallen die Kosten dem Vater zur Last. Eine Wertfestsetzung ist entbehrlich, weil eine Festgebühr gilt (Nr. 1912 KV FamGKG; vgl. Zöller/Feskorn, ZPO [30. Aufl. 2014], § 87 FamFG Rn. 11).

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